Scheinselbstständigkeit vorbeugen
Was Unternehmen und Arbeitnehmende beachten müssen
In Deutschland gibt es keine harten Kriterien für Scheinselbstständigkeit. Das macht es manchmal schwierig, diese zu erkennen. Wir haben für Sie zusammengefasst, auf was Sie achten müssen.
Was bedeutet Scheinselbständigkeit?
Scheinselbstständig ist, wer als selbstständige:r Arbeitnehmer:in auftritt, aber im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV als abhängige:r Beschäftigte:r gilt. Eine Scheinselbstständigkeit lässt sich an folgenden Merkmalen erkennen:
- Der Auftraggeber hat die unmittelbare Weisungsbefugnis,
- der:die Selbstständige hat feste Arbeitszeiten wie Schichtdienst,
- der:die Selbstständige ist in Prozesse und weitere Infrastruktur des Unternehmens eingegliedert,
- der:die Selbstständige erhält feste Bezüge oder
- hat Urlaubsanspruch im Krankheitsfall.
Beispiel: Eine selbstständige Grafikdesignerin, die ehemals in einer Designagentur gearbeitet hat, wird nach ihrer Elternzeit dort freiberuflich angestellt. Durch das hohe Arbeitsaufkommen hat sie bald keine Zeit mehr für andere Kund:innen, arbeitet regelmäßig in der Agentur und nutzt auch die vorhandenen Arbeitsrechner. Auch stimmt sie Urlaube mit ihren Kolleg:innen ab. In diesem Fall liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Scheinselbstständigkeit vor.
Scheinselbstständigkeit vorbeugen
Selbstständige und Arbeitgeber:innen sollten darauf achten, dass Folgendes vermieden wird:
- Für längere Zeit nur einen Auftraggeber oder Auftraggeberin (v. a. wenn auch andere Merkmale auf eine abhängige Beschäftigung hinweisen).
- Kein eigener Unternehmensauftritt des:der Selbständigen nach außen.
- Es besteht Weisungsgebundenheit gegenüber dem:der Arbeitgebenden.
- Der:die Selbstständige nimmt regelmäßig an internen Meetings teil.
- Der:die Selbstständige ist in den Betrieb integriert.
Welche Konsequenzen drohen?
Die Prüfung auf Scheinselbstständigkeit kann selbst bei der Rentenversicherung beantragt werden, wenn der:die Selbstständige glaubt, dass eine Scheinselbstständigkeit möglich wäre, oder sie kann durch einen Verdacht des Finanzamts oder der Rentenversicherung angestoßen werden. Ist Letzteres der Fall, so kann das eine Betriebsprüfung für den:die Selbständige:n nach sich ziehen. Wird eine Scheinselbstständigkeit von der Rentenversicherung Bund bestätigt, drohen folgende arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Konsequenzen:
- Arbeitgeber:innen und -nehmer:innen müssen die neue steuerrechtliche Situation bewerten und für Nachzahlungen haften: Arbeitgeber:innen müssen für den nachgewiesenen Zeitraum der Scheinselbstständigkeit alle Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Der:die Auftragnehmer:in haftet höchstens drei Monate für die nicht gezahlten Beiträge.
- Nach der Feststellung einer Scheinselbstständigkeit können die vorher vermeintlich Selbständigen vor dem Arbeitsgericht einen Arbeitnehmer:innenstatus im Unternehmen einklagen.